Etappe 8

Santiago de Compostela – Luarca

Nun geht es zurück. Unterwegs kann man natürlich auch noch in Lugo anhalten, der ältesten Stadt Galiciens, deren Gründung in die Zeit Kaiser Augustus fällt. Ca. 14 – 13 v. Chr. Errichtet Paulus Fabius Maximus im Namen seines Kaisers LUCUS AUGUSTI dort, wo zuvor ein über 10 Jahre altes Militärlager war.
Die römische Stadtmauer aus dem 3. Jh. (UNESCO-Welterbe) ist 6 – 8 m dick, am höchsten Punkt 12 m hoch und hat 85 halbrunde Türme. Sie hat heute 10 Tore (früher 5).

Langsam gelangen Sie an die Costa Verde, eine Kette wunderschöner Sandbuchten und dramatischer Klippen, unterbrochen von tiefen Flussmündungen und Fischerdörfern. Im Landesinneren weichen üppige Weiden, Pinien- und Eukalyptuswälder den Bergen. Dieser Küstenabschnitt ist unberührter als viele anderen Spaniens.

Der Name Costa Verde ist erst in unseren Zeiten als Marketing-Maßnahme entstanden. Massentourismus gibt es hier nicht. Man kann die Ursprünglichkeit von Land und Leuten sehr gut erleben. Von Zeit zu Zeit trifft man auf Buchten mit Sandstränden, die Rías (manche vergleichen sie mit Fjorden) und – überall gibt es kleine Bistros, Cafés, Kneipen, Imbisse, wo die einheimischen Leckerbissen zu angenehmen Preisen verkauft werden. Einfach nur schön!

Wir nehmen den sogenannten Camino Primitivo, der früher entlang der gesamten Küste von Asturien verlief und in Ribadeo nach Galicien gelangte.

Der Meeresarm Ría de Ribadeo, durch den der Fluss Eo fließt, trennt Galicien von Asturien. Der Ort Ribadeo ist sehr bekannt durch eine Wallfahrt.

Nach dem Camino Primitivo erreicht diese Route, die entlang der gesamten asturischen Küste verläuft, über die Flussmündung von Ribadeo in Galicien. Während des Spätmittelalters war sie sehr wichtig, da die Pilgerfahrten auf dem Seeweg sehr zunahmen. Auch viele Gläubige aus dem ganzen Norden der Halbinsel und aus anderen Gegenden wie England, Flandern, Deutschland oder Skandinavien pilgerten auf diesem Weg.
Zum ersten Mal zelebrierte man in Oviedo das heilige Jahr des Heiligen Kreuzes, Santa Cruz. So heißt auch der Berg in Ribadeo.

Die Pilger im ausklingenden Mittelalter waren ganz versessen darauf, Reliquien zu verehren und Ablässe zu erhalten. Deshalb bereisten sie Oviedo zusätzlich zu ihrer Wallfahrt nach Compostela.

Pilgerschaft der Seelen
Ein galicisches Sprichwort besagt:
“Ao Santo André de Teixido vai de morto, o que no foi de vivo.”
„Nach Santo André muss als Toter pilgern, wer es nicht als Lebender tat.“

Manche Pilger nehmen die Seele eines Toten im Bus mit, lösen für sie eine zusätzliche Fahrkarte und überlassen ihr den Fensterplatz. Andernfalls, so die Legende, müssen die Seelen Tiergestalt annehmen und nach Santo André krabbeln und kriechen.

Aufsammeln von Steinen
Die Pilger hatten die Gewohnheit, an den Tumuli, an denen sie vorbeikamen, jeweils einen Stein mitzunehmen. In der Comarca von Cedeira werden diese Tumuli Amilladoiros genannt. Die Steine, so die Legende, würden beim Jüngsten Gericht für die Besitzer sprechen, als Beweis, dass sie nach Santo André gepilgert waren.

Der Brunnen mit den drei Röhren
Man trinkt aus dem Brunnen mit den drei Röhren, wünscht sich etwas beim heiligen Andreas und wirft ein Bröckchen Brot ins Wasser. Aus dem Brot formt man zuvor eine kleine Figur, entsprechend der Art des Wunschs. Ursprünglich waren es drei Figuren, eine Frau, ein Mann, und eine Taube. Inzwischen sind es fünf:

Die Hand für Liebe und Freundschaft;
der Fisch für Arbeit und Lebensunterhalt;
das Schiff für Reisen, Haus und Handel;
der Heilige für geistige und körperliche Gesundheit und ein gutes gemeinschaftliches Leben;
das Stiefmütterchen für Lernen, Prüfungen und guten Verstand.
Wenn das Brotbröckchen schwimmt, geht der Wunsch in Erfüllung. Wenn es untergeht, soll man sich keine Hoffnung machen.

Liebeskraut
Wenn man bei der Kirche ein Sträußchen Strand-Grasnelken liegenlässt, so soll dies gegen Liebesprobleme helfen. Auf Galicisch heißt diese Pflanze „herba de namorar“, Liebeskraut.

Zweig des heiligen Andreas
Ein anderer Brauch besteht darin, von der Pilgerschaft einen Zweig mitzubringen. Er besteht aus einer Haselgerte, an der kleine Eibenzweige und etwas „Liebeskraut“ befestigt sind.
Hier findet jährlich am ersten Augustsonntag eine Wahlfahrt statt, die wegen der traditionellen Gerichte und Musik als touristisch wertvoll eingestuft wurde.

Der Marquis von Sargadelos war der moderne Schwunggeber dieses Orts, dessen bedeutendstes Gebäude das Jugendstil-Stammhaus der Brüder Moreno ist. Vom Porcillán-Hafen aus, der römischen Ursprungs ist, gibt es vorbei an den Ruinen der Burg San Damián eine angenehme Promenade bis hin zum Leuchtturm der Insel Pancha, der am Eingang des Meeresarms liegt. Bei der Rückkehr gibt es nichts Besseres als sich an den Produkten des Meeresarms zu erfreuen, etwa Berberechos (Herzmuscheln), Almejas (Venusmuscheln) und Ostras (Austern), die gemeinsam mit Salmones Truchas (Lachsforellen) und Anguilas (Flussaal) aus dem Eo die lokale Küche dominieren. Nicht zu vergessen die exquisiten Süßigkeiten, die die Nonnen des Klosters Santa Clara herstellen.

Auch sollte man den Strand As Catedrais aufsuchen, der einer der schönsten Sandstrände der galicischen Küste ist. Die Felsen dort bilden Bögen, so dass man sich wie bei einer Kathedrale vorkommt. Es hat wirklich etwas Magisches.

Für uns geht es weiter – bis Luarca an der asturianischen Küste. Wir wollen uns in dem Hafenstädtchen Luarca noch ein wenig umsehen. Natürlich besonders kulinarisch, denn Luarca ist berühmt für hervorragenden Fisch und Meeresfrüchte.

Luarca kauert unterhalb einer Kirche und eines Friedhofs auf einer Landzunge und hat einen netten Hafen voller roter, blauer und weißer Boote.


Wikipedia: Night in Luarca, Urheber: Samu aus Alpedrete, Spain

 

Ein abendlicher Bummel über das Kopfsteinpflaster der engen Gassen, die sich um die Bucht mit dem Hafen schmiegen – alles tief eingeschnitten in die Felsen – endet meist in einem schönen Restaurant. Klar, die Meeresfrüchte und der Fisch hier sind legendär.
Ich könnte jetzt wieder über Jakobsmuscheln, Austern, etc. schreiben. Aber diesmal ist etwas anderes mein Thema. Also betreten wir eines der schönen Restaurants und lassen uns verwöhnen.
Wir hatten ja schon zwei Etappen zuvor den Rape, den Seeteufel, am Wickel. Jetzt essen wir ihn mal wie an Asturiens Küsten: Pixin

Seeteufel mit Muscheln in Sidra (Apfelwein)
Pixín con almejas a la sidra ist die spanische Bezeichnung für Seeteufel mit Venusmuscheln in Apfelwein. Hier unser Rezept zu dieser asturischen Delikatesse, die auch die benachbarten Galicier ganz gerne essen.
Pixín (auch Rape) ist in Asturien ein beliebter Fisch und Apfelwein das asturische Getränk per sé.

Zutaten (für 4 Personen)
750 g Seeteufel
250 g Venusmuscheln
400 g Kartoffeln
2 Äpfel
2 Knoblauchzehen
1 kleine Zwiebel
100 ml Olivenöl
½ l Sidra (ersatzweise Cidre oder Apfelwein)
1 EL gehackte Petersilie
Mehl zum Wenden
Salz und Pfeffer

Zubereitung des Seeteufels
Den Fisch waschen, trockentupfen und in vier gleich große Stücke schneiden. Mit Salz und Pfeffer würzen.
Die Kartoffeln und die Äpfel schälen und in kleine Würfel schneiden. Die Zwiebel und die Knoblauchzehen schälen und fein hacken.
Den Backofen auf 175° vorheizen. In einer feuerfesten Form das Olivenöl erhitzen. Die Fischstücke in Mehl wenden, überschüssiges Mehl abklopfen und von beiden Seiten im Olivenöl anbraten. Anschließend aus der Form nehmen und warm stellen.
Nun die Kartoffelwürfel im Bratfett goldbraun braten. Dann die Zwiebel, den Knoblauch, die Apfelstücke und die Muscheln hinzufügen. Alles zugedeckt einige Minuten dünsten. Dabei die Form mehrmals rütteln, um ein Festbraten zu vermeiden.
Dann den Fisch wieder in die Form legen und alles mit Sidra angießen. Offen im vorgeheizten Backofen bei 175° ca. 10 Minuten garen.
Auf vorgewärmten Tellern anrichten und vorm Servieren mit der Petersilie bestreuen.

 

Venusmuscheln a la Marinera (als Rezept)

Almejas sind in Galicien ein Klassiker und einfach zubereitet. Sie kommen vor allem in den südlichen Buchten der Rías Baixas vor. Es gibt vier Arten dieser Venusmuscheln: almeja fina, babosa, rubia und japónica, auf Galicisch xaponica. Sie sind teurer als die Herzmuscheln (berberechos), haben eine glattere Oberfläche und schmecken hervorragend, auch in Salaten und Nudelgerichten.

Der Eigengeschmack der Muschel braucht kaum Unterstützung. Sie munden auch nur in Salzwasser mit einem kleinen Lorbeerball gegart. Für Almejas a la Marinera kommen zusätzlich etwas Gemüse und Weißwein dazu. Den Geschmack runden gehackte Petersilie und ein Spritzer Zitronensaft ab.

Zutaten
2 kg Venusmuscheln
125 ml Weißwein
1 Möhre
1 kleine Zwiebel
2 Lorbeerblätter
2 Knoblauchzehen
1 kleines Bund glatte Petersilie
Salz
Schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Zitronensaft nach Geschmack

Vorbereiten
Die Muscheln sehr sorgfältig unter kaltem Wasser waschen. Almejas nach dem Waschen einige Zeit in kaltem Wasser lagern, bevor man sie kocht. Angestoßene Muscheln wegwerfen.

Zubereitung
Möhre schälen und in dünne Scheiben schneiden. Zwiebeln und Knoblauch pellen und fein würfeln.

Olivenöl in einen Topf geben. Zwiebel, Knoblauch und Möhrenstücken darin andünsten. Mit dem Weißwein ablöschen. Dann die Lorbeerblätter und Salz zugeben, aufkochen und bei geringer Hitze 5 Minuten köcheln.

Gesäuberte Muscheln dazugeben und den Topf mit einem Deckel schließen. Köcheln lassen, bis alle Muscheln geöffnet sind und die dann noch geschlossenen unbedingt entsorgen. Petersilie grob hacken, in den Topf geben und alles gut durchrühren.

Muscheln auf vier Teller verteilen und sofort servieren. Nach Belieben mit Zitronensaft beträufeln. Dazu ein Glas gekühlter galicischer Ribeiro-Weißwein und Weißbrot.

Und dazu trinkt man Sidra, wenn man es ganz urig haben will. Natürlich geht auch ein hervorragender Weißwein, aber….
Die Bedienung hält eine Flasche in der einen, ein Glas in der anderen Hand. Soweit nichts Besonderes. Beides stellt sie jedoch nicht etwa auf den Tisch, sondern hält die Flasche mit ausgestrecktem Arm weit über ihren Kopf, das Glas unterhalb ihrer Hüfte, kippt die Flasche und schenkt in hohem Bogen den blassgelben Inhalt in das Glas ein. Längst nicht jeder Tropfen erreicht dabei sein Ziel, was aber niemanden zu stören scheint.

Sidra, spanischer Apfelwein, für diese Gegend typisch, enthält von Natur aus keine Kohlensäure. Durch das Einschenken aus gut einem Meter Höhe, dem dadurch entstehenden Kontakt mit dem Sauerstoff und dem Aufschlagen im Glas, wird die Flüssigkeit mit kleinen Luftbläschen angereichert. Auf diese Weise entfaltet das „Kultgetränk“ Asturiens sein volles Aroma und erhält den gewünschten prickelnd-perlenden, erfrischenden Geschmack.
Die Zeremonie des Sidra-Ausschanks wird in Kursen sogar richtig gelehrt, man kann eine Art Diplom machen. Es gibt tatsächlich spezialisierte Sidra-Kellner – die Escanciadores.
Ich war mit Freunden – allerdings im Baskenland – ganz hoch oben in den Bergen in einem Dorf. Dort habe ich das erlebt. Einmalig! Aber davon mehr, wenn wir dort sind…


© Barbara Fohrer

 

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